Klienten-Information Gesetzliche Neuerungen zum Teuerungspaket und Abgabenänderungsgesetz sowie Judikatur Update zu aktuellen Steuerthemen
Klienten-Information Gesetzliche Neuerungen zum Teuerungspaket und Abgabenänderungsgesetz sowie Judikatur Update zu aktuellen Steuerthemen
Zum Ausgleich der aktuellen Teuerung hat der Nationalrat Ende Juni 2022 ein neues Entlastungspaket beschlossen. Weiters ist auch ein Abgabenänderungsgesetz 2022 in Ausarbeitung. In dieser Klienten-Information werden wir Ihnen die wichtigsten Neuerungen dazu vorstellen. Zudem dürfen wir Ihnen einen Überblick über aktuelle und praxisrelevante Entscheidungen von Bundesfinanzgericht sowie Verwaltungsgerichtshof zum allgemeinen Steuerrecht geben. Die Detailausführungen dazu finden Sie im nachfolgenden Link.
Inhalt in Kurzform
- A) GESETZLICHE NEUERUNGEN IN BEZUG AUF DIE TEUERUNG
- A1) Klimabonus und Anti-Teuerungsbonus
- A2) Entlastung für Familien
- A3) Steuer- und beitragsfreie Teuerungsprämie
- A4) Entlastung für Geringverdiener und Pensionisten
- A5) Sonstige Maßnahmen
- B) ABGABENÄNDERUNGSGESETZ 2022 UND SONSTIGE NEUERUNGEN UND WICHTIGE INFORMATIONEN FÜR DIE TÄGLICHE UNTERNEHMENSPRAXIS
- B1) Abgabenänderungsgesetz 2022 Regierungsvorlage vorhanden
- B2) BFG-Entscheidung zur Vorgehensweise von Umsatzsteuerkorrekturen im Zusammenhang mit der Bestreitung einer Forderung
- B3) BFG-Entscheidung zur Vorgehensweise von Reisekosten als Werbungskosten
- B4) Steuerliche Begünstigung für Sanierungsgewinne – aktuelle Neuerungen betreffend außergerichtlichen Sanierungsbemühungen
- B5) BFG zur Abzugsfähigkeit von auf ausländische Einkünfte entfallende SV-Beiträge:
- B6) Information zu aktuellen BMF-Informationen
A) GESETZLICHE NEUERUNGEN IN BEZUG AUF DIE TEUERUNG
Zum Ausgleich der aktuellen Teuerung hat der Nationalrat in einer eigens einberufenen Sondersitzung am 23.06.2022 ein neues Entlastungspaket beschlossen. Ziel dessen ist es der Bevölkerung mit diversen Einmalzahlungen und steuerlichen Erleichterungen unter die Arme zu greifen. Zudem sind eine Verschiebung der CO2-Bepreisung auf Oktober und die Ausweitung des sogenannten „Wohnschirms“ zur Verhinderung von Delogierungen vorgesehen. Die Beschlussfassung des Gesetzes im Bundesrat erfolgte am 29.06.2022.
Folgende Maßnahmen wurden beschlossen:
A1) Klimabonus und Anti-Teuerungsbonus:
Erwachsene erhalten einen Bonus von EUR 500,-, der sich aus Klimabonus und Antiteuerungs-Bonus zusammensetzt.
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wird der halbe Bonus ausgezahlt.
Der Antiteuerungs-Bonus ist bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von EUR 90.000,- steuerfrei. Sowohl der Klimabonus als auch der Antiteuerungs-Bonus dürfen nicht gepfändet werden.
Die mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 beschlossene Erhöhung des Familienbonus Plus für alle Kinder, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wird durch das Anti-Teuerungspaket vorgezogen. Der Familienbonus plus wird somit bereits für das laufende Jahr 2022 auf EUR 2.000,- erhöht.
Weiters wurde beschlossen, dass im August 2022 ein einmaliger Zuschlag von EUR 180,- zur Familienbeihilfe überwiesen wird.
Auch beim Kindermehrbetrag gab es durch das Anti-Teuerungspaket eine Änderung. So kommt es nun doch nicht zu einer gestaffelten Erhöhung des Kindermehrbetrages (ab 2022: € 350,-, ab 2023: € 450,-), so wie durch das Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022 ursprünglich vorgesehen, sondern ist eine einmaligen Erhöhung des Kindermehrbetrages vorgesehen. Dieser wird demgemäß rückwirkend bereits bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 auf € 550,- pro Kind erhöht werden.
A3) Steuer- und beitragsfreie Teuerungsprämie:
Unternehmen erhalten die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern in den Jahren 2022 und 2023 eine steuer- und abgabenfreie Teuerungsprämie von jeweils bis zu EUR 3.000,- auszuzahlen.
Der Gesetzestext sieht bis zum Betrag von EUR 2.000,- keine weiteren Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vor. Die vollen EUR 3.000,- können nur dann ausgeschöpft werden, wenn die EUR 2.000,- übersteigende Zahlung aufgrund einer „lohngestaltendenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 7 EStG“ (Zitat Gesetzestext) geleistet wird. Darunter fällt nicht nur ein Kollektivvertrag, sondern auch jener Fall, bei dem die Teuerungsprämie innerbetrieblich allen oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird.
Werden in den Kalenderjahren 2022 und 2023 sowohl eine (steuerfreie) Gewinnbeteiligung gem. § 3 EStG als auch eine Teuerungsprämie bezahlt, sind diese nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt den Betrag von EUR 3.000,- pro Jahr nicht übersteigen. D.h. eine steuerfrei gewährte Gewinnbeteiligung ist auf den Maximalbetrag von EUR 3.000,- anzurechnen. Die Gewinnbeteiligung kann im Jahr 2022 jedoch rückwirkend als Teuerungsprämie umqualifiziert werden. Da die Teuerungsprämie neben der Befreiung von der Einkommensteuer, auch von der Sozialversicherung sowie von Lohnnebenkosten befreit ist, ist diese Umwandlung auch aus steuerlichen Gesichtspunkten zu prüfen.
Die Zahlungen erhöhen nicht das Jahressechstel gem. § 67 EStG bzw. werden auch nicht darauf angerechnet. Analog zur Corona-Prämie im Vorjahr, muss es sich um eine zusätzliche Zahlung handeln, die üblicherweise bisher nicht gewährt wurde. Leistungsprämien sind folglich davon nicht abdeckt.
A4) Entlastung für Geringverdiener und Pensionisten:
Geringverdiener (Steuerpflichtige, denen der Verkehrsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 5 EStG oder ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 6 EStG zusteht und die keine außerordentliche Einmalzahlung zur Teuerungsabgeltung (gemäß § 772a ASVG und den Parallelgesetzen) erhalten) bekommen einen einmaligen Teuerungsabsetzbetrag von EUR 500,-.
Der ursprünglich auch für Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen vorgesehene Teuerungsabsetzbetrag wurde in eine Einmalzahlung umgewandelt. Bei einer Gesamtpension zwischen EUR 1.200,- und EUR 1.800,- wird im September 2022 ein zusätzlicher Betrag in der Höhe von EUR 500,- zur Auszahlung gelangen. Darunter und darüber greift eine (komplizierte) Einschleifregelung, wobei die Einmalzahlung bei Pensionen bis EUR 2.250,- sukzessive auf null absinkt.
Bezieher von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Ausgleichszulage, Studienbeihilfe, Übergangsgeld sowie Rehabilitations-, Kranken- und Wiedereingliederungsgeld bzw. Bezieher einer Unterstützungsleistung nach § 104a GSVG wird eine unpfändbare Einmalzahlung in Höhe von EUR 300,- gewährt werden. Auch Bezieher von Krankengeld nach dem AlVG sind leistungsberechtigt.
Die Auszahlung wird ab September 2022 erfolgen.
Im Rahmen der Beschlussfassung der ökosozialen Steuerreform war ein Start der CO2-Bepreisung des NEHG 2022 mit 1.7.2022 vorgesehen. Parallel dazu sollten auch die zahlreichen Ausgleichsmaßnahmen der ökosozialen Steuerreform in zeitlicher Nähe wirksam werden. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt das Ausmaß des Anstieges der Energiepreise, wie er derzeit zu beobachten ist, noch nicht in vollem Umfang absehbar. Aus diesem Grund wurde die Bepreisung von CO2 Emissionen für ein Quartal ausgesetzt und beginnt anstatt mit 1.7.2022 nunmehr mit 1.10.2022.
Darüber hinaus wurde beschlossen, dass auch der Unfallversicherungsbeitrag im ASVG ab 2023 um 0,1-Prozentpunkte (von 1,2 % auf 1,1 %) gesenkt wird .
Weitere von der Regierung angekündigte Maßnahmen wie die Abschaffung der kalten Progression, die regelmäßige Valorisierung bestimmter Sozialleistungen wie der Familienbeihilfe und die Senkung der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds sind (noch) nicht Teil des beschlossenen Teuerungspaketes. Auch die in Aussicht genommenen Strompreiskompensationen für Unternehmen, die angekündigten Zuschüsse für energieintensive Unternehmen sowie das Versorgungssicherheitspaket für die Landwirtschaft sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden. Wir werden Sie darüber, wie gewohnt ,zeitgerecht nach Beschlussfassung, über unseren Klientennewsletter informieren.
B) ABGABENÄNDERUNGSGESETZ 2022 UND SONSTIGE NEUERUNGEN UND WICHTIGE INFORMATIONEN FÜR DIE TÄGLICHE UNTERNEHMENSPRAXIS
Obwohl in den letzten Wochen die Neuerungen in Bezug auf die allgemeine Teuerung bzw. den Anstieg der Inflation die Medienwelt dominiert haben, gab es noch zahlreiche andere Neuerungen und Erkenntnisse die infolge ihrer Praxisrelevanz nicht unerwähnt bleiben sollten:
B1) Abgabenänderungsgesetz 2022 Regierungsvorlage vorhanden:
Seitens des Finanzministeriums wurde Ende Mai 2022 ein Entwurf für ein Abgabenänderungsgesetz 2022 vorgelegt. Am 15. Juni 2022 wurde die Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2022 beschlossen. Die Beschlussfassung im Parlament ist für Anfang Juli 2022 vorgesehen, dabei kann es noch zu gewissen Änderungen kommen. Trotzdem möchten wir Ihnen vorweg die wichtigsten geplanten Maßnahmen im Überblick darstellen.
Einkommensteuer:
- Im Rahmen der Einkommensteuer ist in der Regierungsvorlage eine Verbesserung bei der Forschungsprämie Konkret kann ab 2022 für mittätige Einzelunternehmer und Mitunternehmer von Personengesellschaften sowie unentgeltlich tätige Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften ein fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von EUR 45,- pro nachweislich geleisteter „Forschungsstunde“, höchstens jedoch EUR 77.400,- pro Person und vollem Wirtschaftsjahr in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Zudem wird der Ablauf der Antragsfrist klarer geregelt (Entkoppelung von der Steuererklärung) und im Interesse einer rascheren Abwicklung die Möglichkeit geschaffen, über einen Prämienantrag hinsichtlich eines sachverhaltsmäßig abgegrenzten Teiles auch durch einen gesonderten Bescheid absprechen zu können (idR Zuerkennung einer Forschungsprämie auf mehrere Teile). Die neuen Regelungen werden auf Prämien anwendbar sein, die das Kalenderjahr 2022 betreffen und die nach dem 30. Juni 2022 erstmalig beantragt werden.
- Darüber hinaus ist in der Regierungsvorlage enthalten, dass ein pauschaler 50 %-iger Betriebsausgabenabzug bei Netzkarten im öffentlichen Verkehr vorgesehen ist. Konkret, soll ab 2022 bei nicht übertragbaren Wochen-, Monats- und Jahresnetzkarten für den öffentlichen Verkehr, die sowohl für betrieblich als auch privat veranlasste Fahrten genutzt werden, pauschal 50 % der Ausgaben für eine nicht übertragbare Netzkarte für Einzelpersonen ohne weiteren Nachweis als Betriebsausgaben abgesetzt werden können.
- Weiters ist vorgesehen, dass für Privatpersonen (Engpassleistung von 25 kWp, primär Eigenversorgung, keine gewerblichen Zwecke) eine eigene Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen geschaffen wird. Konkret sollen ab der Veranlagung 2022 die Einkünfte aus der Einspeisung von höchstens 12.500 kWh Strom aus Photovoltaikanlagen steuerfrei sein bzw. bei Überschreiten der 12.500 kWh soll eine anteilige Befreiung zur Anwendung kommen (idR als Freibetrag).
- Ebenso in der Regierungsvorlage vorgesehen ist eine Erhöhung des Jahressechstels bei Kurzarbeit (pauschaler Zuschlag von 15 % bei der Berechnung des Jahressechstels, insbesondere relevant für die begünstige Besteuerung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld).
- Die übrigen Änderungen im Rahmen der Einkommensteuer betreffen die antragslose Arbeitnehmerveranlagung sowie die Untergrenze für pauschale Sonderausgaben sowie den Entfall der freiwilligen Festsetzung der Steuerschuld (insbesondere relevant bei Auslandssondersachverhalten).
Körperschaftsteuer und Umgründungen:
Im Rahmen der Körperschaftsteuer sind in der Regierungsvorlage Änderungen betreffend Portfoliodividenden enthalten bzw. bzgl. Umgründungen einige Sonderregelungen betreffend Depotübertragungen sowie Auslandssachverhalte vorgesehen. Diese sollen jedoch infolge ihrer Komplexität nicht im Detail erörtert werden.
Umsatzsteuer:
Im Rahmen der Umsatzsteuer sind in der Regierungsvorlage einige interessante Neuerungen enthalten.
- So wurde einerseits aus ökologischen Gründen sowie als Schritt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit internationaler Bahnverbindungen vorgeschlagen bei grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit Eisenbahnen für den österreichischen Streckenteil von der Umsatzsteuer eine Befreiung ab dem Jahr 2023 vorzusehen.
- Andererseits ist vorgesehen, dass die Lieferung von Schutzmasken aufgrund der anhaltenden COVID-19-Krise weiterhin und bis 30.06.2023 steuerfrei bleiben.
- Darüber hinaus sieht die Regierungsvorlage einige Sonderthemen, insbesondere iZm Dreiecksgeschäften, Steuerbefreiungen iZm mit der GSVP sowie Besonderheiten bei ausländischen Vermietern vor, welche infolge ihrer Komplexität nicht im Detail erörtert werden sollen.
- Wichtig zu erwähnen erscheint jedoch ein Überschneidungsbereich zwischen Umsatzsteuer und Bundesabgabenordnung, da nämlich für den Bereich der Umsatzsteuer erstmals eine eigenständige Verzinsungsregelung geschaffen Sowohl Gutschriften als auch Nachforderungen werden künftig mit 2 % über dem Basiszinssatz verzinst. Die Verzinsung beginnt bei Gutschriften 90 Tage nach der Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung oder Jahreserklärung bzw. bei Nachforderungen ab dem 91. Tag nach der Fälligkeit. Nachforderungen aus Jahreserklärungen werden ab dem 1. Oktober des Folgejahres verzinst.
Internationales Steuerrecht:
Im Rahmen des internationalen Steuerrechts ist in der Regierungsvorlage eine Änderung betreffend Anrechnung der Lohnsteuer (neu: Veranlagungsverfahren statt vormals Rückerstattungsverfahren) enthalten bzw. wurde durch das AbgÄG 2022 nunmehr die verfahrensrechtliche Grundlage für die Teilnahme Österreichs an den von der OECD und der EU entwickelten Instrumenten zur multinationalen Risikobewertung geschaffen.
Beschlussfassung offen:
Mangels finaler Beschlussfassung können wir noch keine Details präsentieren, wir gehen jedoch davon aus, dass eine Beschlussfassung noch vor der Sommerpause des Nationalrates erfolgen wird. Wir werden Sie umgehend nach Veröffentlichung der Details mit einer Sonderklienteninformation darüber informieren.
B2) BFG-Entscheidung zur Vorgehensweise von Umsatzsteuerkorrekturen im Zusammenhang mit der Bestreitung einer Forderung:
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat mit seinem Erkenntnis RV/2100720/2017 nunmehr klargestellt, dass eine bloße Zweifelhaftigkeit der Einbringung für die Vornahme einer Umsatzsteuerkorrektur (d.h. Rückrechnung der bereits abgeführten Umsatzsteuer) im Sinne des § 16 UStG nicht ausreichend ist. Solange nur die Höhe der Forderung in Streit steht und nicht die Nichtbezahlung dieser Forderung feststeht bzw. die Zahlungsunfähigkeit des Leistungsempfängers vorliegt, ist eine Rückrechnung nicht zulässig.
Im zu entscheidenden Sachverhalt gab es eine Schlussrechnung einer Baufirma für ein Bauprojekt mit einem Restentgelt von rund EUR 2,2 Mio. Vom Leistungsempfänger wurden davon nur rund EUR 14.000,- anerkannt. Aufgrund dessen gab es zwischen beiden Parteien langwierige außergerichtliche Verhandlungen, vorläufig ohne Endergebnis. Auf Grund der angefochtenen Rechnungskorrektur wurde vom Beschwerdeführer die Berichtigung der Umsatzsteuer durch eine Gutbuchung des Umsatzsteuerguthabens beantragt. Das Finanzamt anerkannte die Umsatzsteuergutschrift nicht, da ein substantiiertes Bestreiten der Forderung für eine Umsatzsteuerkorrektur nicht ausreichen würde. Dagegen richtete sich die Beschwerde beim BFG. Seitens des BFG wurde sodann klargestellt, dass eine Änderung der Bemessungsgrundlage (iSd § 16 UStG) bei einer einseitigen wenn auch strittigen Reduzierung des Entgeltes durch die Leistungsempfängerin nicht angenommen werden kann. Die Beschwerdeführerin vertrat den Standpunkt, dass ihre Forderung berechtigt und die Durchsetzbarkeit nicht ausgeschlossen war. Da noch keine Entgeltminderung feststand, war eine Umsatzsteuerberichtigung (noch) nicht zulässig. Die Beschwerde wurde deswegen seitens des BFG abgewiesen.
Diese BFG-Entscheidung entspricht eigentlich der bereits aus dem Umsatzsteuerprotokoll 2005 bekannten Vorgehensweise/Sichtweise der Finanzverwaltung. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Jahr 2004 (VwGH 2001/14/0128) in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt gleich entschieden und eine Berichtigung infolge der bloßen Zweifelhaftigkeit einer Forderung abgelehnt. Folglich ist davon auszugehen, dass diese Überlegungen nunmehr auch herrschende Ansicht sind und diesbezüglich kaum Argumentationsspielraum gegeben sein wird, um die Umsatzsteuer trotzdem frühzeitig zurückzuholen.
B3) BFG-Entscheidung zur Vorgehensweise von Reisekosten als Werbungskosten:
Das Bundesfinanzgericht hat in seinem Erkenntnis vom 25.02.2022, RV/7103401/2016, entschieden, dass Reisekosten die der Arbeitgeber für Dienstreisen nicht bezahlt, nur dann als Werbungskosten steuerlich absetzbar sind, wenn unvermeidbarer Mehraufwand vorliegt.
Im konkreten Sachverhalt war der beschwerdeführende Steuerpflichtige auf mehreren Dienstreisen in der Schweiz und machte einen Verpflegungsmehraufwand in Höhe der amtlichen Pauschalen für mehr als 50 Tage geltend. Das BFG verneinte (wie auch das Finanzamt) die steuerliche Anerkennung dessen, da Verpflegungsmehraufwand nur dann zusteht, wenn sich der Dienstnehmer nicht wiederkehrend an denselben Orten aufhält und die Aufenthaltsdauer an den einzelnen Orten nicht jeweils insgesamt einen Zeitraum von 5 Tagen (d.h. pro Aufenthaltsort) überschreitet. Das BFG stellte zudem klar, dass entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass bei wiederkehrend gleichbleibenden Ortsaufenthalten sich der Dienstnehmer mit den örtlichen Verpflegungsmöglichkeiten eingehend vertraut machen kann und folglich kein unvermeidbarer Mehraufwand besteht, welcher steuerlich abgesetzt werden kann. Etwaige Unterschiede im Preisniveau sind kein steuerlich absetzbarer Mehraufwand welcher abzugelten sei.
Folglich erkannte das BFG nur die ersten 5 Tage am jeweiligen Ort als Verpflegungsmehraufwand zu.
B4) Steuerliche Begünstigung für Sanierungsgewinne – aktuelle Neuerungen betreffend außergerichtlichen Sanierungsbemühungen:
Bislang war die steuerliche Begünstigung für Sanierungsgewinne gem. § 36 EStG nur bei gerichtlichen Sanierungsverfahren möglich. Die Begünstigung für außergerichtliche Sanierungsgewinne war bis dato nicht gesetzlich geregelt, sondern nur in den Einkommensteuerrichtlinien als Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde vorgesehen. Folglich war man in diesen Fällen stets auf die diesbezügliche Entscheidung der Finanzverwaltung angewiesen, da es diesbezüglich keinen Rechtsanspruch gab.
Nunmehr wurde die steuerliche Begünstigung für außergerichtliche Sanierungen auch in den gesetzlichen Bestimmungen des § 36 EStG aufgenommen, weshalb nun in beiden Fällen ein Rechtsanspruch der Inanspruchnahme besteht. Die Aufnahme dessen erfolgte sogar rückwirkend, sodass auch außergerichtliche Sanierungsgewinne ab 2021 darunter fallen.
Um die steuerliche Begünstigung nochmals in Erinnerung zu rufen, dürfen wir Ihnen nachfolgend in aller Kürze die wesentlichen Eckpunkte des § 36 EStG darlegen:
- § 36 EStG sind aus einem Schuldnachlass resultierende Gewinne einer besonderen Besteuerung unterworfen.
- Dies betrifft Gewinne aus der Erfüllung eines Sanierungsplanes (§§ 140-156 IO) oder einer (= neu) vergleichbaren außergerichtlichen Sanierung, aus der Erfüllung eines Zahlungsplanes oder aus der Erteilung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens.
- Diese Gewinne müssen echte Sanierungsgewinne sein, d.h. es muss sich um den Nachlass einer betrieblichen Verbindlichkeit handeln und nicht nur (u.a.) um eine Schuldübernahme, einen Verzicht auf Zinsen, einen Rangrücktritt, ein/e Stillhalte- oder Klageverzicht.
- Es muss Sanierungsabsicht sowie Sanierungsbedürftigkeit vorliegen. Konsequenterweise muss auch Sanierungsfähigkeit gegeben sein.
- Für die Besteuerung des diesbezüglichen Sanierungsgewinnes ist der Unterschiedsbetrag betreffend Einkommensteuer mit und ohne Sanierungsgewinn (idR Verbindlichkeitenverzicht/-erlass) zu ermitteln. Dieser Unterschiedsbetrag ist mit der vereinbarten Quote zu multiplizieren und stellt den effektiven Steuernachlass dar. D.h. die Einkommensteuer inkl. Sanierungsgewinn reduziert sich um den o.a. Unterschiedsbetrag.
Eine faktisch gleich gelagerte Regelung gibt es auch für Körperschaften in § 23a KStG.
Für eine detaillierte Erörterung bzw. Beratung zur Inanspruchnahme steht Ihnen Ihr BNP-Team jederzeit gerne zur Verfügung.
B5) BFG zur Abzugsfähigkeit von auf ausländische Einkünfte entfallende SV-Beiträge:
In seinem Erkenntnis vom 21.03.2022, RV/3100013/2022, widmete sich das BFG der Frage ob auf ausländische Einkünfte entfallende österreichische SV-Beiträge im Inland (= Österreich) als Betriebsausgabe geltend gemacht werden können.
Im konkreten Sachverhalt war es so, dass der Steuerpflichtige bei seiner österreichischen Steuererklärung (betriebliche Einkünfte) Aufwendungen für die Pflichtversicherung geltend gemacht hat, die mit den in Deutschland erzielten Einkünften in Zusammenhang stehen. Es war somit fraglich, ob die gem. § 4 Abs. 4 EStG geforderte betriebliche Veranlassung für diese Pflichtversicherungsbeiträge vorliegt oder nicht.
Das BFG entschied schlussendlich im Sinne der bestehenden VwGH-Judikatur, dass den Pflichtbeiträgen ihre steuerliche Wirksamkeit (idR Abzugsfähigkeit) durch Anwendung der DBA-Freistellungsmethode nicht genommen werden darf. Folgerichtig sind alle österreichischen SV-Beiträge (egal ob österreichische oder deutsche Einkünfte betreffend) in Österreich zum Abzug zuzulassen.
Einziger Wehrmutstropfen dieser Entscheidung ist, dass lt. BFG für die Ermittlung des Progressionsvorbehalts die auf Deutschland entfallenden SV-Beiträge nicht progressionsmindernd geltend werden dürfen. Diese Entscheidung ist infolge der Abzugsfähigkeit der SV-Beiträge als Betriebsausgaben jedoch folgerichtig und systemkonsistent.
B6) Information zu aktuellen BMF-Informationen
Im Rahmen dieser Klienteninformation dürfen wir Sie auch über nachstehende aktuelle BMF-Informationen informieren:
1) BMF Info zum Verständigungs- und Schiedsverfahren nach Doppelbesteuerungsabkommen, dem EU-Schiedsübereinkommen und dem EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz:
Unter der Geschäftszahl 2022-0.300.851 wurde vom BMF mit 05.05.2022 ein Informationsschreiben veröffentlicht, welches sich mit dem Verständigungs- und Schiedsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen, dem EU-Schiedsübereinkommen, dem Multilateralen Instrument (MLI) und dem EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz befasst, die auf Antrag des Abkommensberechtigten oder von Amts wegen eingeleitet werden.
Sie verschafft einen Überblick über die formellen und materiellen Rahmenbedingungen dieser Verfahren in Österreich und soll den Abkommensberechtigten als Leitfaden zum Ablauf und zur Funktionsweise eines Verständigungsverfahrens, sowie zur Beantragung eines Verständigungsverfahrens dienen.
Diese Information ersetzt die Information des BMF vom 24.07.2019, BMF-010221/0237-IV/8/2019. Diese gilt als aufgehoben.
Abrufbar im FINDOK unter: https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e100000s1&segmentId=628ca316-2248-468e-8969-c7992710ad45
2) Info des BMF zu steuerrechtlichen Fragestellungen in Zusammenhang mit der Unterstützung von Flüchtlingen aus der Ukraine:
Unter der Geschäftszahl 2022-0.335.782 wurde vom BMF mit 06.05.2022 ein Informationsschreiben veröffentlicht, welches sich mit wichtigen steuerrechtlichen Fragestellungen behandelt, die sich im direkten Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung aus Anlass der Kriegshandlungen in der Ukraine ergeben.
Im Rahmen dieses Informationsschreibens werden u.a. die Themen Spenden und Zuwendungen, konkret insbesondere allgemeine Fragestellungen zur Abzugsfähigkeit von diesbezüglichen Spenden im EStG und KStG, dem steuerlichen Umgang mit werbewirksamen Spenden zur Katastrophenhilfe, der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage bei Sachspenden, die Behandlung von Hilfsgüterlieferungen in der Umsatzsteuer sowie Nachweisvorsorgepflichten im Rahmen dessen. Darüber hinaus werden allgemeine Fragestellungen zur Überlassung einer Unterkunft an Flüchtlinge, u.a. Fragestellungen zur bloßen Vermietung, der Erbringung von zusätzlichen Leistungen, der Überlassung durch Körperschaften sowie der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung dessen behandelt. Ebenfalls enthalten sind schriftliche Ausführungen zu allgemeinen Fragenstellungen iZm Gemeinnützigkeit der unterstützenden Körperschaft, der unbeschränkten Steuerpflicht von Flüchtlingen und allgemeine Fragestellungen der Doppelbesteuerung sowie zur Verpflichtung zur Entrichtung von NoVA, Kfz-Steuer und (motorbezogenen) Versicherungssteuer für KfZ mit ukrainischer Zulassung.
Trotz teilweise detaillierter Ausführungen wird seitens des BMF betont, dass dieses Informationsschreiben nur allgemeine Aussagen enthält und die Beurteilung konkreter Abgabensachverhalte ausschließlich den zuständigen Finanzämtern obliegt (idR als Leitfaden bzw. Leitlinien, jedoch schlussendlich Einzelfallentscheidung infolge lokaler Zuständigkeit der jeweiligen Dienststelle des Finanzamtes).
Abrufbar im FINDOK unter: https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e100000s1&segmentId=d782b40d-ac1f-4ac4-a751-881e9615b326
Redaktion: Dr. Wolfgang Köppl, BNP Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. Alle Angaben in dieser Klienten-Information dienen nur der Erstinformation, enthalten keinerlei Rechts- oder Steuerberatung und können diese auch nicht ersetzen; jede Gewährleistung und Haftung ist ausgeschlossen. Bitte informieren Sie Ihren Berater, wenn Sie die Übermittlung der Klienten-Information auch an andere Personen in Ihrem Unternehmen wünschen oder falls Sie diese Nachricht nicht mehr erhalten möchten. Detaillierte Informationen zu unserer Datenschutz-Leitlinie sowie unserer Datenschutzerklärung finden Sie auf unserer Homepage www.bnp.at. Erstellung: 04.07.2022