Klienten-Information 3/2019
Aktuelle Information aus Wirtschaft & Steuerrecht exklusiv für unsere Klienten
Inhalt in Kurzform
- Aberkennung des Vorsteuerabzuges bzw. Versagung der Steuerfreiheit bei Umsatzsteuerbetrug
- Beauftragung von Scheinunternehmen und deren Konsequenzen
- Ausweitung der Istbesteuerung bei Freiberuflern/Kapitalgesellschaften seit 01.01.2019
- Umfassende Informationen zum SV-Clearingsystem
- BMF warnt wieder vor Internetbetrügern
Aberkennung des Vorsteuerabzuges bzw. Versagung der Steuerfreiheit bei Umsatzsteuerbetrug
Aufgrund kürzlich aufgedeckter Umsatzsteuerbetrugsfälle möchten wir Sie auf die Missbrauchsbestimmungen des Umsatzsteuergesetzes sowie deren Rechtsfolgen (Vorsteuerabzugsverbot oder Versagung der Steuerfreiheit von ig. Lieferungen trotz Erfüllung formaler Erfordernisse) hinweisen.
Gemäß § 12 Abs. 14 UStG entfällt der Vorsteuerabzug bzw. gilt gemäß Art. 6 UStG die Steuerfreiheit für ig. Lieferungen nicht, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
Wir empfehlen daher besonderes Augenmerk auf ungewöhnliche Verhältnisse beim Vertragspartner zu legen, zumal selbst die Vornahme einer UID-Überprüfung bei Vorliegen von Betrugsfällen nicht vor einer etwaigen Haftung schützt.
Solche ungewöhnlichen Verhältnisse können beispielweise sein:
- keine Festnetztelefonnummer
- kein Internetauftritt
- Bankkonto außerhalb des Ansässigkeitsstaates
- laienhafter Schriftverkehr, unübliche Adresse (zB Büroservice oder c/o)
- branchenunübliches Verhalten in Bezug auf Lieferbedingungen, Barzahlung, Zahlungsweg
- unbekanntes oder neues Unternehmen in der Branche
- Einkauf unter dem Marktpreis
Für weitere Fragen steht Ihr BNP-Team jederzeit gerne zur Verfügung.
Beauftragung von Scheinunternehmen und deren Konsequenzen
Wie bereits in unserem Klienten-Seminar „Steuertipps zum Jahreswechsel“ im November 2018 berichtet, möchten wir aufgrund einiger Anlassfälle in der laufenden Betriebsprüfungspraxis nochmals auf die Konsequenzen einer Beauftragung von Scheinunternehmen hinweisen. Folgendes Beispiel soll die Problematik verdeutlichen:
Ausgangsfall:
Ein redlicher Unternehmer U1 beauftragt den Unternehmer U2 mit der Erbringung von Leistungen. U2 erbringt zwar die Leistung, sein Tätigwerden ist jedoch von vornherein auf Steuer- und Sozialbetrug ausgelegt. Es liegt eine sogenannte Scheinfirma vor. Dies bedeutet, dass U2 die Leistung mit nicht angemeldeten oder unterentlohnten Mitarbeitern erbringt, wodurch Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträge verkürzt werden. Weiters führt er die vereinnahmte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab bzw. deklariert und versteuert seine Einnahmen nicht.
Für den redlichen Unternehmer U1 bestehen in Zusammenhang mit dieser Leistungsbeziehung folgende Risiken:
- Aberkennung des Betriebsausgabenabzuges
- Aberkennung des Vorsteuerabzuges
- Haftung für Lohnabgaben sowie Sozialversicherungsbeiträge der Scheinfirma gemäß § 9 Sozialbetrugsgesetz (SBBG) als Bürge und Zahler
Gemäß den Bestimmungen des SBBG haftet das Auftrag gebende Unternehmen ab der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens, wenn dieses zum Zeitpunkt der Auftragserteilung wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftrag nehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen nach § 8 SBBG handelt.
Um redliche Unternehmen vor möglichen Haftungen für Entgelte gemäß Sozialbetrugsgesetz (SBBG) zu schützen, hat das BMF als Informationsquelle eine Liste der seit 01.01.2016 rechtskräftig per Bescheid festgelegten Scheinunternehmen veröffentlicht. Die laufend aktualisierte Liste aller Scheinunternehmen finden Sie unter folgendem Link: service.bmf.gv.at Derzeit werden bereits 252 rechtskräftig festgestellte Scheinunternehmen in der BMF-Liste ausgewiesen.
Sofern es sich beim Scheinunternehmen um einen im Firmenbuch eingetragenen Rechtsträger handelt, hat die Abgabenbehörde den rechtskräftigen Bescheid oder das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes beim zuständigen Firmenbuchgericht einzureichen. Das Gericht hat aufgrund einer solchen Mitteilung eine entsprechende Eintragung im Firmenbuch vorzunehmen bzw. die amtswegige Löschung durchzuführen. Die Eintragung der Qualifikation als Scheinunternehmen im Firmenbuch kann beispielsweise wie folgt lauten: „Mitteilung der Finanzbehörde gemäß Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz: Der Rechtsträger gilt als SCHEINUNTERNEHMEN, Firma gelöscht gem. § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit“.
Zusammenfassend sind bei Aufnahme neuer Geschäftsbeziehungen unbedingt folgende Maßnahmen zu empfehlen:
- Durchsicht der Liste der Scheinunternehmen
- Überprüfung der Unternehmensdaten gemäß einem aktuellen Firmenbuchauszug
- Anforderung einer Ausweiskopie des Geschäftsführers des beauftragten Unternehmens
- Überprüfung der UID-Nummer über Finanz-Online
- Abfrage Gewerberegister sowie Prüfung, ob die erforderlichen Gewerbeberechtigungen bestehen
- Abfrage HFU-Liste
Ausweitung der Istbesteuerung bei Freiberuflern/Kapitalgesellschaften seit 01.01.2019
Grundsätzlich unterscheidet das österreichische Umsatzsteuergesetz zwei Systeme für die Entstehung der Steuerschuld:
- Die Sollbesteuerung (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten): Die Umsatzsteuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung und sonstige Leistung erbracht wird. Dieser Zeitpunkt verschiebt sich um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonats erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist.
- Die Istbesteuerung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten): Die Umsatzsteuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonats, in dem das Entgelt vereinnahmt wurde.
Die Sollbesteuerung (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten) ist zwingend für folgende Unternehmen anzuwenden:
- Buchführungspflichtige Gewerbetreibende und land- und forstwirtschaftliche Betriebe
- Unternehmen, die eine andere Tätigkeit ausüben (mit Ausnahme der Freiberufler), wenn deren Umsätze in einem der beiden vorangegangenen Kalenderjahre mehr als EUR 110.000,00 betragen haben (der in der Praxis häufigste Fall sind Umsätze aus Vermietung und Verpachtung)
- Unternehmen, die Leistungen erbringen, für welche die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (Reverse-Charge); wichtige Anwendungsfälle sind Bauleistungen und bestimmte Leistungen ausländischer Unternehmer.
Ein Nachteil der Sollbesteuerung ist, dass die Unternehmer in der Praxis oft die in einem Veranlagungszeitraum in Rechnung gestellte Umsatzsteuer bereits an das Finanzamt abführen müssen, obwohl der Kunde die Rechnung noch nicht bezahlt hat. Gleichzeitig bringt die Sollbesteuerung aber auch den Vorteil, dass Vorsteuern sofort bei Erhalt der Eingangsrechnung geholt werden dürfen, auch wenn die Zahlung der Rechnung erst später erfolgt.
Von der verpflichtenden Sollbesteuerung gibt es bestimmte Ausnahmen, die aufgrund einer Anpassung an das Unionsrecht sowie einer VwGH-Rechtsprechung vom Juni 2017 nun mit 01.01.2019 erweitert wurden (siehe dazu unsere Klienten-Information 06/2018).
Seit 01.01.2019 haben alle Unternehmer, die der Art nach eine freiberufliche Tätigkeit nach § 22 Z 1 EStG ausüben, verpflichtend die Besteuerung ihrer Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) anzuwenden. Bei Freiberuflern (wie zB Ärzten, Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftstreuhändern, Unternehmensberatern, Ziviltechnikern) unterliegen daher unabhängig von der Rechtsform (dh auch Kapitalgesellschaften, ohne Notwendigkeit einer berufsrechtlichen Zulassung) sämtliche mit ihrer Berufstätigkeit zusammenhängenden Umsätze, auch die sogenannten Umsätze aus Hilfsgeschäften, der Istbesteuerung. Dies gilt auch, wenn die Grundgeschäfte steuerfrei sind. Führt zB ein Arzt auch eine Hausapotheke oder veräußert ein Rechtsanwalt ein Anlagegut, so sind alle diese Umsätze in die Istbesteuerung miteinzubeziehen.
Eine freiberuflich tätige Kapitalgesellschaft, die bisher die Umsatzsteuer verpflichtend nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) errechnete und nun mit der Gesetzesänderung zur Istbesteuerung verpflichtet wäre, kann allerdings auch auf die Sollbesteuerung optieren. Ein Antrag auf Sollbesteuerung muss spätestens zum Termin der Abgabe (Erstellung) der ersten Voranmeldung für diesen Veranlagungszeitraum gestellt werden.
Conclusio: Für folgende Unternehmen, die nicht zwingend das System der Sollbesteuerung anwenden müssen, ist nach dem System der Istbesteuerung vorzugehen:
- Freiberufler – dazu gehören u.a. Wissenschafter, Künstler, Schriftsteller, Vortragende, Wirtschaftstreuhänder, Ärzte, Rechtsanwälte, aber auch Unternehmensberater unabhängig von der Höhe der Umsätze, Rechtsform (dh auch Kapitalgesellschaften) und ohne Notwendigkeit einer berufsrechtlichen Zulassung.
- nicht buchführungspflichtige Gewerbetreibende und land- und forstwirtschaftliche Betriebe
- Unternehmen, die eine andere Tätigkeit (zB Vermietung) ausüben (mit Ausnahme der Freiberufler), wenn deren Umsätze in einem der beiden vorangegangenen Kalenderjahre maximal EUR 110.000,00 betragen haben.
Der Wechsel der Besteuerungsart kann nur zu Beginn eines Veranlagungsjahres erfolgen.
Umfassende Informationen zum SV-Clearingsystem
Grundsätzlich werden sämtliche an die Gebietskrankenkassen erstatteten Meldungen im Zuge der elektronischen Verarbeitung überprüft. Sofern Differenzen bzw. Widersprüche auftraten, erfolgte die Kommunikation bis Ende 2018 zwischen den Sachbearbeitern der SV-Träger und den jeweiligen Personalverrechnern der Dienstgeber bzw. Steuerberater hauptsächlich telefonisch oder schriftlich.
Durch die Einführung der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung (mBGM) – siehe dazu unsere Klienten-Information 01/2019 – ist aufgrund des erhöhten Meldeaufkommens die bisherige Bearbeitungsmethode von etwaigen Widersprüchen in der Praxis nicht mehr umsetzbar, wodurch seit 01.01.2019 ein elektronischer Verständigungsprozess (das sogenannte SV-Clearing) im Einsatz ist.
Meldungen, die formale Fehler aufweisen (zB eine unrichtige Versicherungsnummer oder einen fehlerhaften Namen), werden wie bisher von der in ELDA integrierten Dateiinhaltsprüfung zurückgewiesen und sind nach entsprechender Korrektur neuerlich zu übermitteln. Das SV-Clearingsystem dient lediglich der Information, dass erstattete Meldungen Widersprüchlichkeiten aufweisen bzw. gemeldete Sachverhalte unschlüssig sind. Korrekturen von Meldungen erfolgen nach wie vor ausschließlich über ELDA.
Auf der Homepage der OÖGKK, die maßgeblich an der Entwicklung der mBGM beteiligt war, finden Sie unter nachstehendem Link umfassende, österreichweit geltende Informationen (samt Praxisbeispielen) zum neuen SV-Clearingsystem: SV-Clearingsystem
Aufgrund zahlreicher Probleme in der täglichen Praxis hat die OÖGKK auf ihrer Homepage häufige Clearingfälle samt Lösung sowie bereits erkannte und in der Zwischenzeit schon behobene Problemstellungen bzw. demnächst noch zu lösende Problemstellungen zusammengefasst. Zudem wird auf bekannte Probleme hingewiesen, die derzeit noch nicht gelöst werden können.
Unter folgendem Link finden Sie die Auflistung aller Problemfälle: SV-Clearingsystem Problemfälle
Weiters möchten wir Sie auf einen aktuellen Fragen-Antworten-Katalog (Stand 22.02.2019) zur monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung (mBGM) auf der Homepage der Österreichischen Sozialversicherungsanstalten hinweisen: mBGM Fragen und Antworten
BMF warnt wieder vor Internetbetrügern
Bitte beachten Sie, dass Internetbetrüger aktuell wieder versuchen mit Hilfe von gefälschten E-Mails und Telefonanrufen im Namen des Finanzministeriums an persönliche Daten der BürgerInnen zu kommen. Nähere Informationen dazu finden Sie unter folgendem Link zur BMF-Homepage: BMF Warnung Internetbetrug
Redaktion: Mag. Claudia Moser, BNP Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. Alle Angaben in dieser Klienten-Information dienen nur der Erstinformation, enthalten keinerlei Rechts- oder Steuerberatung und können diese auch nicht ersetzen; jede Gewährleistung und Haftung ist ausgeschlossen. Bitte informieren Sie Ihren Berater, wenn Sie die Übermittlung der Klienten-Information auch an andere Personen in Ihrem Unternehmen wünschen oder falls Sie diese Nachricht nicht mehr erhalten möchten. Detaillierte Informationen zu unserer Datenschutz-Leitlinie sowie unserer Datenschutzerklärung finden Sie auf unserer Homepage www.bnp.at. Erstellung: 14.03.2019